Dabei besteht der Landesschülerausschuss aus jeweils zwei Mitgliedern, die jeweils aus den Schülervertretungen der Bezirke gewählt werden. Die Bezirksschülerausschüsse werden durch die Schulen gewählt. Deshalb ist der Landesschülerausschuss demokratisch legitimiert, was für eine breites Spektrum an Perspektive, Debattenfreude und konstruktiven Positionierungen zum Berliner Bildungssystem entsteht.
Nur ein Drittel gibt an, in der Schule mitbestimmen zu können
Wie steht es um die Mitbestimmung an Berliner Schulen? Mit dieser Frage setzte sich vor einiger Zeit
eine Online-Umfrage des Schüler:innen-Netzwerks Berlin auseinander. Dabei wurden alle Berliner
Oberschulen befragt und wir erhielten Antworten von 610 Schüler:innenvetreter:innen von 210
Schulen. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Für ein demokratisches Miteinander an Berliner Schulen gibt
es an vielen Stellen noch deutlichen Nachholbedarf!
Besonders eindrucksvoll zeigt sich dies an den Antworten der Schüler:innen auf die Frage, ob sie das
Gefühl haben, an ihrer Schule etwas mitbestimmen zu können: nur ein Drittel der Befragten (32 %)
antworteten darauf mit Ja.
Dieses Ergebnis deckt sich mit den Einschätzungen zu zahlreichen weiteren Bereichen, die in der
Umfrage thematisiert werden. So geben 31 % der Schüler:innen an, an ihrer Schule keine Klassenräte
zu haben oder nicht zu wissen, um was es sich dabei handelt. Dabei ist der Klassenrat ein
grundlegendes Instrument für einen demokratischen Schulalltag und seit einigen Jahren verbindlich
im Berliner Schulgesetz festgeschrieben.
Auf der Ebene der Schüler:innenvertretungen (SVen) sieht es nicht besser aus. Über 50 % der Befragten
fühlen sich in ihrem Engagement für die GSV nicht ausreichend wertgeschätzt. Um sich auf die
Teilnahme an schulischen Gremien wie z.B. der Schulkonferenz oder der Gesamtkonferenz
vorzubereiten, erhalten 59,3 % keine ausreichende Zeit oder Freistellung. Dabei zu beachten ist, dass
im Berliner Schulgesetz festgeschrieben ist, dass den Vertreter:innen der
Gesamtschüler:innenvertretungen Zeit für ihre Arbeit einzuräumen ist und durch diese keine Nachteile
für die Engagierten entstehen darf. Daneben geben 34 % der Befragten an, nicht rechtzeitig zu den
Sitzungen der Schulkonferenz eingeladen zu werden.
Nachholbedarf besteht ebenso bei der Ausstattung der GSVen mit Ressourcen. 38,8 % der Befragten
antworten, dass sie als GSV für die Umsetzung ihrer Projekte keinerlei Geldmittel zur Verfügung haben.
Von einem GSV-Raum an ihrer Schule berichten nur 57 % der Umfrageteilnehmer:innen.
Neben der GSV auf schulischer Ebene sind die Vertretungen auf Bezirks- und Landesebene von großer
Bedeutung, damit die Anliegen der Berliner Schüler:innen Gehör bei Politik und Verwaltung finden.
Jedoch geben nur 43 % der befragten Schüler:innen an, dass ihre Schule im jeweiligen
Bezirksschülerausschuss (BSA) vertreten sei.
Mit dem individuellen Engagement der Berliner Schüler:innen an ihren Schulen lassen sich diese
erheblichen Defizite übrigens nicht erklären: 98 % der Teilnehmenden geben an, dass es an ihrer Schule
gewählte Schulsprecher:innen gäbe.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Berliner Schulen von ihrem Anspruch und gesetzlichen Auftrag,
nach demokratischen Prinzipien zu arbeiten, Beteiligung zu ermöglichen und junge Menschen zu
einem demokratischen Bewusstsein und Verantwortungsübernahme zu erziehen, noch weit entfernt
sind. Gleichzeitig wird sichtbar, dass es überall engagierte Schüler:innen gibt, jedoch die Strukturen
der Interessenvertretung dringend mehr Rückhalt und Ressourcen für ihre Arbeit benötigen. Nicht
zuletzt benötigt es eine kontinuierliche Unterstützung des (schulischen) Engagements junger
Menschen und Strukturen, die insbesondere Schüler:innenvertretungen und Verbindungslehrkräfte
für ihre Arbeit qualifizieren und ihnen ermöglichen, sich auf ihre Rolle als Interessenvertreter:innen
einzustellen.
Politisch braucht es ein klares Bekenntnis zu den bestehenden demokratischen Instrumenten der
schulischen Mitbestimmung und eine kritische Bestandsaufnahme, in welchen Bereichen die
momentanen Rahmenbedingungen nicht ausreichen.
Das Schüler:innen-Netzwerk
Berlin ist ein Zusammenschluss von schulpolitisch aktiven Jugendlichen
aus Berlin, der gemeinsam vom Landesschülerausschuss Berlin und dem SV-Bildungswerk getragen
wird.
Der Landesschülerausschuss Berlin (LSA Berlin)
ist die oberste demokratisch legitimierte Vertretung
aller ca. 350.000 Berliner Schüler:innen. Der LSA setzt sich für die Rechte der Schüler:innen gegenüber
dem Berliner Senat, den Lehrer:innen und Eltern ein und unterstützt Schüler:innen bei ihren Anliegen
aller Art. Im Landesschülerausschuss sind alle zwölf Berliner Bezirke mit jeweils zwei Mitgliedern
vertreten. Diese werden von den einzelnen Bezirksschüler:innenausschüssen delegiert.
Das Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V. (SV-Bildungswerk)
ist ein gemeinnütziger Verein von und für Schüler:innen und Jugendliche. Seit 2005 setzt sich das SVBildungswerk bundesweit für eine demokratische Schulkultur und eine jugendgerechte Gesellschaft
ein. Der Verein unterstützt die Arbeit von Schüler:innenvertretungen mit Seminaren, Workshops,
Materialien und Veranstaltungen und engagiert sich auf vielen Ebenen für mehr Jugendbeteiligung. In
Berlin gibt es ein regionales Netzwerk mit eigenen Angeboten und vielen jugendlichen Aktiven.